Bei einer Studie wurden zufällig illegale Pestizide in toten Bienen gefunden. Kritiker sehen sich dadurch bestätigt.
Es scheint, als ob Kommissar Zufall seine Hände im Spiel hatte: Bei einer mehrjährigen Untersuchung zum Bienensterben wurden fünf Pestizide gefunden, die schon seit Jahren in Österreich und der EU verboten sind. „Das ist ein Hammer und war auch für uns total überraschend“, sagt Lydia Matzka-Saboi von der Umweltorganisation Global 2000. Sie kritisiert, dass das Problem sowohl von AGES (Agentur für Ernährungssicherheit des Gesundheitsministeriums) und Landwirtschaftsministerium nicht thematisiert werde.
Außerdem, behauptet Global 2000, sei nicht nur die Bienen-Population betroffen: „Die AGES hat die Fakten zwar auf den Tisch gelegt, aber es wird nichts dagegen getan. Das Problem geht weit über das Bienen-Thema hinaus.“ Betroffen seien Grundwasser, Landwirtschaft und Nahrungsmittel.
Konkret geht es um die Pestizide Parathion, Phosalone, Metolachlor, Diphenylamin und Chlorfenvinphos. Sie stehen im Verdacht, unter anderem krebserregend und nervenschädigend zu sein. Global-Pestizid-Experte Helmut Burtscher: „Die Tatsache, dass praktisch jeder zehnte Pestizid-Nachweis in den untersuchten Bienen-Proben ein verbotenes Pestizid zu Tage fördert, deutet auf einen systematischen und breiten Einsatz illegaler Pestizide in Österreich hin.“
Das will Werner Windhager von der AGES so nicht stehen lassen. „Es stimmt, dass wir nicht erlaubte Rückstände in den Bienen-Proben gefunden haben. Das ist auch nicht akzeptabel.“ Für diese Studie wurde aber nicht erhoben, woher genau die Proben stammen. „Das können auch Restbestände sein, die im Kleingartenbereich angewendet wurden und nicht zwingend in der Landwirtschaft.“
Aber wie ist der Einsatz trotz Verbots im EU-Raum überhaupt möglich? Der Teufel liegt im Detail. „Man darf diese Substanzen in vielen Fällen lagern und damit handeln. Da gibt es viel Spielraum“, meint Matzka-Saboi. Als Konsequenz aus den aktuellen Untersuchungen fordern sie und Burtscher strengere Kontrollen. Windhager betont, dass die Einhaltung aller Auflagen Ländersache und damit politisch sei. Die Grünen fordern zudem ein „funktionierendes Kontrollsystem“ und einen Pestizid-Reduktionsplan. „Damit soll der Pestizid-Einsatz in den nächsten fünf Jahren um 30 Prozent gesenkt werden“, sagt der Grünen-Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber. Und weiter: „Minister Nikolaus Berlakovich schiebt das Problem auf die lange Bank.“
Helmut Burtscher nutzt die Aufregung für klare Forderungen: „Diese Pestizide sind für Mensch und Natur gefährlich und aus gutem Grund schon seit Langem verboten. Sie dürfen nicht durch Schlupflöcher erst recht auf unseren Feldern landen.“
Bienen als Indikator für die Natur
Das Bienensterben beschäftigt Imker, Gesundheitsexperten und Landwirtschaft schon seit einigen Jahren. Sie hatten einen Zusammenhang mit in der Landwirtschaft eingesetzten Pestiziden vermutet. Erst vor wenigen Tagen wurden zudem zwei internationale Studien veröffentlicht, die zeigten, dass die Tiere davon unter anderem orientierungslos werden.
Mit der sogenannten MELISSA-Studie sollten die Beobachtungen der Imker in Österreich wissenschaftlich überprüft werden. Die Untersuchung der AGES lief seit 2009 und wurde im Jänner 2012 abgeschlossen.
Die Studienautoren kamen zum Schluss, dass in intensiv mit Mais und Kürbis bewirtschafteten Regionen die Bienenstände dezimiert wurden. Dies stehe durchaus im Zusammenhang mit Insektizid-gebeiztem Saatgut. Es wird gegen den bei Landwirten gefürchteten Schädling Maiswurzelbohrer eingesetzt. Ein komplettes Verbot dieser sogenan4nten neonicotinoiden Saatgutbeizen ist aber von AGES-Seite nicht angedacht.
Die Studie an sich begrüßen die Imker zwar. „Ohne sie hätten wir heute keine Ergebnisse auf dem Tisch. Mit der Interpretation sind wir aber ganz und gar nicht zufrieden. „Es wird versucht, das Problem kleinzureden“, sagt Josef Stich Präsident der österreichischen Berufsimker.
Teufel I.(2012):Verbotene Stoffe in Bienen entdeckt. Kurier 4.April 2012,14